Schülerinnen und Schüler der Oberstufe der Gesamtschule Hünxe trafen die Holocaust-Überlebende Eva Weyl

Es ist weit nach Schulschluss, draußen regnet es. Dennoch haben sich engagierte Schülerinnen und Schüler der Oberstufen-Jahrgänge 11-13 der Gesamtschule Hünxe freiwillig wieder in die Schule begeben. Es herrscht gespanntes Schweigen. Der Grund dafür: die Gelegenheit zu einem Gespräch mit einer der letzten Zeitzeuginnen und Holocaust-Überlebenden, der 86-jährigen Eva Weyl. Passend zur Befreiung des KZ Auschwitz vor 77 Jahren. Sie ist in Hünxe nicht unbekannt. Bereits vor zwei Jahren sprach sie in der vollen Aula der Schule. Aufgrund der derzeitigen Lage wurde Frau Weyl in den vergangenen Wochen an zwei Terminen aus Amsterdam per Videokonferenz direkt in den Klassenraum geschaltet. Ihre Mission, wie sie sagt: die eigenen Erfahrungen der folgenden Generation weiterzugeben und die Menschen zu warnen: Versucht menschlich zu sein und tolerant!“

Weyl, Tochter einer jüdischen Familie, kam 1935 im niederländischen Arnhem zur Welt. Ihre Eltern waren kurz zuvor aus dem nationalsozialistischen Deutschland emigriert. Sie berichtete den Schülerinnen und Schülern von ihrer Kindheit, von der Unterdrückung durch die Nationalsozialisten, von ihrer Deportation 1942 in das KZ-Durchgangslager im niederländischen Westerbork und dem Leben dort. Begleitet wurde der Vortrag von düsteren Zeichnungen und Fotografien aus dem Alltag im Lager. Eindrücklich erklärte sie, wie im KZ durch ausreichend Essen, ein Theater, Schulen und ein riesiges Krankenhaus eine heile Scheinwelt aufgebaut wurde, die die Insassen vor ihrem Weitertransport in Vernichtungslager wie Auschwitz ruhigstellen sollte. Von den 107.000 Menschen, die insgesamt in dieses Lager kamen, überlebten nur 5.000. Weyl berichtete, wie ihrer Familie dieses Schicksal nur durch Glück und dank der Deutschkenntnisse ihres Vatersdenn der Lagerkommandant ließ nur deutschsprachige Juden für sich arbeiten erspart blieb.

Trotz dieser grausamen Erfahrungen stellte Weyl klar, dass sie die Deutschen nicht hasst. Den Schülerinnen und Schülern gab sie deutliche Worte mit auf den Weg: „Ihr alle seid unschuldig an der deutschen Vergangenheit – ihr seid ja alle so alt wie meine Enkel. Aber: für das, was ihr aus ihr macht, dafür seid ihr verantwortlich!“

Im Anschluss an das Gespräch nutzten die Schülerinnen und Schüler begierig die Gelegenheit der Zeitzeugin spontane wie auch im Unterricht vorbereitete Fragen zur Wahrnehmung und Verarbeitung des Erlebten zu stellen. Fragen, auf die Weyl offen und ausführlich antwortete. Den Schluss der Veranstaltung nutzte sie zu einem tagesaktuellen Appell: „Jeder hat das Recht gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, aber bitte versucht den Leuten beizubringen, dass die Maßnahmen mit dem Holocaust nicht zu vergleichen sind, viele wissen das einfach nicht.“ Die Schülerinnen und Schüler waren dankbar für diese besondere Gelegenheit und Frau Weyl hat ihr Ziel erreicht: Die Schülerinnen und Schüler werden ihre eindrucksvollen Erinnerungen weitertragen!